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"Warten auf Godot"

Ein Plädoyer für die ländliche Küche

Im Regionalfeuilleton der pfälzischen Einheitszeitung war dieser Tage die Kritik von Samuel Becketts "Warten auf Godot" zu lesen. Mit diesem Stück gastierte die Badische Landesbühne am 24. November im Evangelischen Gemeindehaus Eisenberg. "Schwere Kost im Gemeindehaus" ist der Titel des Berichts.

"Schwere Kost"?

Während der Pause gab es keine leichten Häppchen und auf der Bühne war einiges schon vorgekaut. Eine Spur absurder dargestellt, als es eigentlich hätte sein müssen. So fehlte z. B. der Baum im Bühnenbild. Also kein Ergrünen im 2. Aufzug. Wladimir behauptet es zwar (die einzige Stelle, an der er etwas zurückgeblieben wirkt), aber Estragon kann (zu recht) keinen Unterschied erkennen. Die beiden schreien oft. Estragon rennt und verbreitet eine Hektik, die aus dem Text nicht herauslesbar ist. Auch fehlte der Bote mit der Nachricht von Godot. Wurde er ausgelassen, um dem Stück eine andere Deutung zu geben? War das die gekürzte Fassung für die Provinz? Estragon wird ein bißchen zu doof hingestellt. Wladimir hat immerhin ab und zu einen lichten Moment, war überhaupt der beste Schauspieler.

Der Kritiker...

der Einheitszeitung geht auf die Inszenierung kaum ein, hält sich statt dessen an einen Schauspielführer. Kein Wort über den Inhalt ("Der Stoff ist bekannt."). Lediglich eine Kurzbeschreibung der darstellerischen Leistung der Schauspieler: "... zwar nicht brillant, jedoch in stabiler handwerklicher Qualität". Dazu eine Aufzählung aller Köche hinter der Bühne. Der Rest schien abgeschrieben. Dazu Ausdrücke, die an der sprachlichen Kompetenz des Autors zweifeln lassen. "Viele Theaterbesucher waren gar nicht erst gekommen." Waren die Abonnenten gemeint?

Eisenberg...

ist keine Bühne der nouvelle cuisine. Das wissen die Eisenberger auch, und deswegen versuchen sie gar nicht erst, so zu tun, als ob. Dort bietet man bürgerliche Küche und etwas für den täglichen Geschmack. Man erwartet auch, daß die Besucher schon zuhause gegessen haben - deswegen keine Häppchen. Ständig zu betonen, wie wenig verständig die Besucher dieses Stück angesehen ätten, verbessert nicht die Qualität der Kritik. Es nimmt den Interessierten die Freude an ihrer Bühne. Viele nutzten die Pause, um zu gehen. Offenbar war auch der Kritiker unter diesen, sonst hätte er den verfälschten Inhalt bemerken müssen. Oder wurde sein Eindruck durch einen Zuschauerdialog wie diesen geprägt, den ich in der Reihe vor mir belauschte: "Auf was warten die?" "Auf Godot." "Ach so." Ich seufze, hole mir in der Pause das verdiente Bier und bleibe.

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© 1998, Leininger Hausverlag; Publikation mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers

 

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