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1999-03-06 : Kino

Saving Private Oscar

von Q

Einiges an Medien-Aufmerksamkeit erhält derzeit der "Der schmale Grat" (The Thin Red Line) von Terrence Malick, ein Film, der im wesentlichen eine Schlacht zwischen amerikanischen und japanischen Truppen um eine Insel im Pazifik beleuchtet.

In den Presseberichten wird dabei stets herausgestellt, daß Malick sich wohl mit Spielberg um die Oscars prügeln müsse, denn beide Filme seien Meisterwerke ihrer Art. Wo es Spielberg um das Schicksal einzelner Soldaten ging, macht sich Malick auf, gleich die gesamte Schöpfung zu erklären.

Seine Charaktere sind, zwischen den Kugeln und Granaten, zu kleinen Philosophen geworden, die nahe daran sind, das universale Prinzip des Lebens zu erkennen. Überall zeigen sich ihre neugewonnenen Einsichten, in den Erinnerungen an die Heimat, im tropischen Grün der Landschaft, nur in den Handlungen der Soldaten nicht. Eben noch in tiefstes Zwiegespräch mit der Landschaft versunken, wird im nächsten Moment der Feind niedergemetzelt. Eben noch im Kampf, dann wieder in Gedanken versunken.

Was will uns dieser Film sagen? Daß Krieg eine verdammt lausige Angelegenheit ist, die sich in natura meist ein bißchen dreckiger darstellt, als der Krieg-im-Wohnzimmer-Ansatz eines Terminators oder Rambos? Danke, das haben wir schon geahnt! Daß im Krieg sich jeder so seine Gedanken macht, weil er zwischen zwei Schlachten ziemlich wenig zu tun hat, und sich nach Hause zurückwünscht?

Ach ja, wirklich? Daß alle Menschen eins sind und deshalb besser aufhören sollten, sich ins eigene Fleisch zu schneiden? Ja, nahe dran! Tatsächlich dürfte das die Botschaft sein, die von den grünen deutschen Journalisten gleich noch mit einer Umweltschutzkomponente versehenwurde.

Von "Vergewaltigung der Natur" war da die Rede, von einem grünen Paradies, daß durch die Krieger zerstört wurde. Kinder, wenn ihr euch schon gegenseitig umbringen müßt, tut das doch bitte außerhalb des Naturschutzgebiets! Hallo?

Die Zielgruppe dieses Films ist schwer zu bestimmen. Er ist kein Kriegsfilm. Leute, die auf möglichst tolle Schlachten spekulieren, leihen sich bei ihrer Videothek besser Spielbergs Werk oder andere Standard-(Anti-) Kriegsfilme aus.

Wegen der Naturaufnahmen wird sich auch niemand ins Kino bequemen, da liefert das TV nun wirklich täglich besseres.

Leute, die sich am Rande für Philosophie interessieren, werden eventuell mit einem zufriedenem Gefühl des Kino verlassen.So oder so ähnlich haben sie vielleicht selbst mal gedacht.

Leute, die sich für die diversen Stars interessieren, mit denen jede Szenedes Films gepflastert ist, tun sich nicht eben einen Gefallen. Die Stars stehen der Erzählweise insofern im Weg, als daß man von John Cusacks, Nick Noltes, George Clooneys, Sean Penns und anderen einfach mehr erwartet als drei Sätze pro Film.

Hätte man eine Menge weniger bekannter Schauspieler in die Schlacht um den Oscar geschickt, hätte Terrence Malick diesen und auch seinem Film einen Gefallen getan. Wer versucht,Zuschauerzahlen durch ein Staraufgebot zu generieren, wird damit kurzfristig Erfolg haben. Aber die Unzufriedenheit eines Zuschauers, der, sagen wir, wegen George Clooney sich drei Stunden den schmalen Grat gegeben hat, um dann dreißig Sekunden Clooney zu bekommen, wird ihn nicht dazu bringen,seinen Bekannten den Film weiterzuempfehlen.

Es sind auch die Länge und der unmotivierte Erzählstil und -rhythmus, unter denen der Filmleidet. Nach der üblichen Distanz, so um die hundertste Minute, scheint der Film zu Ende, ist an einem Punkt angelangt, an der der Abspann einsetzen hätte können. Statt dessen geht der Film weiter, und die Frage nach dem Warum dieses Weiter bleibt unbeantwortet. Der Film fängt an, sich selbst zu zitieren, um ein paar Leichen und ein paar Stars mehr aufzunehmen, und stolpert nun alle zehn Minuten an einer weiteren guten Gelegenheit, dem Ganzen ein Ende zu machen, vorbei. Es bleibt der Verdacht, daß im Laufe der Produktion wieder und wieder angestückelt wurde.

Oder geht alles, was hier bisher geschrieben wurde, am Kern der Sache vorbei? Ist der Kinokritiker hier zu zynisch? Kann er nicht mal für drei Stunden die feste Gewißheit ablegen, daß alles was er im Kino zu sehen bekommt, von einer Marketing-Abteilung auf maximalen Umsatz getrimmt wurde? Erkennt er großes Kino nicht mal dann, wenn es ihn in den Hintern beißt?

Vielleicht wird eines Tages Der schmale Grat zu den Kinoklassikern gezählt werden. Der Kinokritiker bleibt bis dahin der Meinung, daß Der schmale Grad der Film der verpaßten Gelegenheiten für großes Kino ist.

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